Alltag

28
Mai
2006

Faceless

M.L. ist Filmemacherin und ihr jüngstes Projekt sehr interessant: Es besteht ausschließlich aus Material von Überwachungskameras in London. Sie selbst ist die Hauptdarstellerin, weil sie gesetzlich ja nur Anspruch auf jene Filmausschnitte hat, auf denen sie vorkommt ("personenbezogene Daten"). Um die Identität der anderen Gefilmten zu schützen, müssen deren Gesichter unkenntlich gemacht werden.
Gestern schauten wir bei Soho in Ottakring eine erste Kurzversion des Films. Danach saßen wir in M.L.s Wohnung, knabberten Torte und schnüffelten Absinth. Gegen 22 Uhr murmelte sie so was wie, Ich muss heute nacht noch 5000 Gesichter löschen. Um meines nicht zu verlieren, nahm ich das als Aufbruchssignal.

26
Mai
2006

Großraumbüro

Erst stellte man drei künstliche Palmen hinter mir auf, zu Dekorationszwecken. Bis die erste umfiel, sah das ganz nett aus. Allerdings scheinen Unfälle mit Beteiligung von Palmen derzeit ja in zu sein.
Dann kam der Billardtisch.
Und jetzt ein Großbildfernseher für die WM.
Hilfe.

23
Mai
2006

moc.nozama

Aus Amerika kommt eine Erfindung, auf die die Welt gewartet hat: das Buch, das man im Bett liegend lesen kann. Die Seiten sind senkrecht statt waagrecht bedruckt (eine Idee, die die Chinesen schon vor zwei, drei Jahren hatten). Bedbooks nennt sich das, und die erste Edition umfasst 24 Bücher von Tarzan bis zum Neuen Testament.

Nun ist es ja so, dass ich ein gutes Buch ungern aus der Hand lege. Das heißt, ich lese außer im Bett auch in der U-Bahn, im Wartezimmer, beim Kochen und bei weiteren Tätigkeiten, die sich nur schwer im Liegen verrichten lassen. Daher bin ich wohl nicht die Zielgruppe. Allerdings kenne ich die Phänomene des krimibedingt steifen Nackens, der abgeklemmten Venen, und des Schlüsselbeinbruchs durch fallende Schmöker.

In meiner kargen Freizeit arbeite ich daher an der Entwicklung eines Bookbeds. Wie man hört, freut sich die Mehr-als-24-Bücher-Fraktion schon darauf.

22
Mai
2006

Smaragdgrüne Aura

Ihre strahlende, erfrischend-grasgrüne Aura deutet auf einen entspannten und gesunden Menschen hin, der eine sehr ausgeglichene Lebenseinstellung hat. Wo auch immer Sie sind, Ihre Bodenständigkeit, Ruhe und Gelassenheit begleiten Sie. Sie haben etwas von der Bescheidenheit und Aufgeschlossenheit eines Blumenkindes. Vielleicht haben Sie auch einen grünen Daumen oder Sie sind der geborene Arzt, der Menschen heilt, denn Sie sind sensibel und mitfühlend. So zuverlässig wie Mutter Erde, und so natürlich wie die Früchte, die sie trägt, so sind auch Sie.
Auch testen?

17
Mai
2006

Bleiben Sie dran

motivator_girl

Ich war in einer Dose

Sich solche Sachen in Gegenwart eines Arztes zu erlauben, führt zu Folgeuntersuchungen, sicherheitshalber. Heute war die Magnetresonanz dran. Wie eine Pizza in den Steinofen wird man in eine Röhre geschoben, die normalerweise kaum Angst machen würde - hätte man nicht vorher elf Mal eidesstattlich erklären müssen, dass man sicher nicht unter Platzangst leidet. Bei mir führte das zum Denken-Sie-nicht-an-einen-Elefanten-Effekt: Die Platzangst, die ich nie gehabt hatte, ließ sich nur mit Anstrengung weghyperventilieren.

Die Bilder, die ich nachher mitnehmen durfte, eignen sich wohl nicht als Sed-Card. Aber immerhin habe ich jetzt schriftlich, dass mein Gehirn altersentsprechend normal aussieht.
Und noch eine zweite Erkenntnis:
Ich brauche dringend eine Faltencreme mit echter Tiefenwirkung.

15
Mai
2006

Zu alt fürs Pub

Das Phänomen des "Pub" außerhalb der Großstadt: Mit etwas Glück handelt es sich um ein verwinkeltes einstöckiges Gebäude aus den 1960er Jahren, das bis vor fünf Jahren als Wirtshaus Post/Müllnerin/Claudia bekannt war. Im Sommer schiebt man die Mülltonnen zur Seite und erklärt den Hinterhof zum gemütlichen Gastgarten.

Meine Freundin kannte einen Großteil der Gäste, bis auf den einzigen Gutaussehenden, und ich quetschte mich zwischen Lucky und Jessica auf die Heurigenbank. (Die übrigen hießen, glaube ich, Günther.) Meine Tochter hatte auf dem Kleiderständer Platz genommen, da es bis Kniehöhe von Hunden wimmelte.

Die Freundin tischte mir frische Männergeschichten auf. Die Nacht brach herein. Plötzlich saßen nur mehr Jungs am Tisch. Ich ergriff die Gelegenheit zur Marktforschung und warf in die Runde: "Top 3 Dinge, die euch an Frauen nerven". Leider gelang es nicht einmal damit, etwas Unterhaltsames herauszukitzeln.

Während ich endlich jemanden fand, bei dem ich bezahlen durfte, ging's rundherum ans fröhliche Alter-Schätzen. Mich machten die Burschen gar ein halbes Jahrzehnt jünger - trotz schulpflichtigem Gegenbeweis auf der Hutablage. Und so geschah es, dass der Moment, da Töchterchen heimfahren wollte mit dem Moment zusammenfiel, in dem mir zum ersten Mal an diesem Abend nach Dableiben war.

13
Mai
2006

Naidoos & Naidon'ts

Gestern im Lateinamerika-Gipfel-Stau war ich die einzige, die am Steuer saß und laut lachte. Schuld war ein Kommentar von Rotphasenlänge in der Beilage zur Tageszeitung. Ich zitiere Florian Asamer:
„[…] bis im Radio regelmäßig Xavier Naidoo zu hören war. Zu Beginn hab’ ich versucht, einfach umzuschalten, wenn der deutsche Pop-Prediger wieder zu seinem Geseier ansetzte. Doch bald war es kaum mehr möglich, ihm auszuweichen. Immer und überall seine platten Pseudoweisheiten. […] Auch die Toleranz hat mir der Mannheimer Armani-Schlagerjesus ausgetrieben: Ich will das nicht nur nicht hören, das soll es überhaupt nicht geben. Braucht kein Mensch! […]“

Danke, dass es endlich mal jemand laut sagt. Ich hätte mich das nicht getraut, weil ich aus Angst um meine zellulare Zusammensetzung noch nie ein Lied vom Anfang bis zum Ende gehört habe. Und so konnte ich immer denken, den guten Teil habe ich sicher verpasst.

Fakt ist, dass die Verse in meinem Stammbuch aus der dritten Klasse Volksschule von Goetheschem Kaliber scheinen, wenn ich sie mit Naidoos Texten vergleiche:
Manches Leben läuft schnell, es ist nicht immer hell.

Fakt ist, dass mein Autoradio (so wie das von Florian Asamer) schon mehrmals Schläge abbekommen hat. Zuletzt regelmäßig als Antwort auf die Frage:
Bist du am Leben interessiert? Hast du dieses Wunder schon kapiert?

Gestern abend allerdings. Da schickte der Mann, der für eine Tasse Apfeltee mit mir 120 Kilometer fährt, einfach so ein SMS. Mittels einer Zeile aus einem Lied von Naidoo gab er mir zu verstehen, dass ich alle ihm bekannten Gegenstände an Ästhetik übertreffe.

Wodurch Florian Asamer wieder auf Rang 2 der Liste von Männern, mit denen ich eine Nacht verbringen möchte, zurückfiel.

12
Mai
2006

7
Mai
2006

Bescheid-en

"Die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2006 und Folgejahre werden festgesetzt mit
0,00 Euro.
Die festgesetzten Vorauszahlungen sind mit je einem Viertel jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November fällig."


An diesen Tagen wird meine Tochter wohl hungern müssen.

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