Sentimental

8
Mrz
2006

Tag, Frauen!

Frauenthemen liegen heute in der Luft. Einmal im Jahr kann man in den Medien die Bilanzen lesen, im doppelten Wortsinn rohe Zahlen wie: 70 Prozent der Armen der Welt sind Frauen, zwei Drittel der Arbeit auf der Welt werden von Frauen (meist unbezahlt) verrichtet, alle 15 Sekunden wird eine Frau Opfer von Gewalt, usw, usw. Und natürlich sind Politik und Gesellschaft schuld an der Misere. Reden wir doch kurz darüber und wechseln wir dann das Thema: Nächste Woche schon stehen Weltstaudammtag (14.3.) und Tag des Konsumenten (15.3.) auf dem Kalender...

Heute improvisiert in irgendeiner Wellblechhütte eine mehrfache Mutter eine Mahlzeit für die Großfamilie. Heute wird irgendwo eine Frau mißhandelt und traut sich nicht, zu gehen, weil sie kein eigenes Geld hat. Eine Frau fürchtet sich vor Zwangsheirat, eine andere vor der geplanten Beschneidung ihrer jüngsten Tochter. Sie alle haben keine Ahnung vom Weltfrauentag.

Aber sie sind es, denen wir unsere Stimmen leihen müssen. Bei allen - berechtigten! - Forderungen, die in unseren Breiten noch offen sind, sollten wir nicht vergessen, dass unsere körperliche Integrität rechtlich geschützt, wirtschaftliche Unabhängigkeit zumindest theoretisch möglich, und Gleichberechtigung sehr wohl das Papier wert ist, auf dem sie steht.

Also: Nicht raunzen, sondern helfen. Ich übernehme heute eine Patenschaft in Afrika.

27
Feb
2006

Desperate Housewife

Kurz nach ihrer Hochzeit 1941 begann die polnische Hausfrau Janina Turek, genaue Aufzeichnungen über ihren Alltag zu führen. Tag für Tag schrieb sie nieder, was sie aß, wen sie traf, was sie kaufte / fand / geschenkt bekam, welche Bücher sie las und welche Fernsehsendungen sie anschaute. Sie füllte - unbemerkt von Ehemann und drei Kindern - bis zu ihrem Tod 57 Jahre später insgesamt 728 Hefte mit 71.000 nummerierten, unkommentierten Einträgen.

Mit 63 Jahren hielt sie kurz inne und fragte sich schriftlich: "Lebe ich, oder tue ich nur so, als lebte ich? Die Aufzeichnungen, die Statistik, soll das ein Selbstbetrug sein? Wenn ich aufhören würde, etwas zu notieren, müsste ich zu mir selber zurückkehren."

Komisch, als ich gestern abend diesen Artikel in der Zeitung las, musste ich ans Bloggen denken und bekam eine Gänsehaut.

24
Feb
2006

Troja

Nachdem drei meiner
endgültigen
Liebeserklärungen
abgeprallt waren
an drei deiner
steinernen
Nichtantworten

Schickte ich
ein Trojanisches Pferd
dorthin, wo ich
dein Herz vermutete

Und sitze
bis heute
im Dunkeln

(c)KV'90

22
Feb
2006

Bungeejumping in die Abgründe der Seele

Ja, ich kann inzwischen lachen über die Sache mit P.
Aber ich kann auch immer noch darüber weinen, und das gibt mir schön langsam zu denken. Nach dem Hinweis eines Freu(n)ds habe ich meine Ratgeberphobie überwunden, mir ein Buch über Bindungsängste beschafft und es in den letzten beiden Nächten quergelesen. Jetzt sehe ich viel klarer. Habe einen Einblick, was in der Seele eines Menschen vorgeht, der sich am Höhepunkt einer Beziehung grund- und erklärungslos davonschleicht, ohne sie zu beenden. P. hatte jedes einzelne der beschriebenen Symptome, bis hin zur Panikattacke mit Atemnot. (Er denkt bis heute, es war was in der Pizza.)
"Manche Menschen erholen sich nie, wenn sie auf diese Weise verlassen werden", ist die ermunternde Botschaft an die Opfer von Beziehungsphobikern.

Und: "Wahrscheinlich sind Sie selbst einer." Wie bitte? - Na klar, sonst wären Männer, die Bindung nicht zulassen können (weil das Kontrollverlust bedeutet) lange nicht so faszinierend für mich. Ich würde das Weite suchen, wenn mich jemand so deutlich warnen würde, wie P. es ja am Anfang getan hat: "Ich will nicht, dass du mich in ein paar Monaten für ein A*** hältst." Er wußte aus Erfahrung ganz genau, was passieren würde - hatte erst recht Angst davor - und schon war der Teufelskreis gestartet.

Nun hänge ich da an meinem Bungeeseil und wippe mal hinauf und mal hinunter: froh, einen Namen für dieses Trauma zu haben, traurig, weil ein wertvoller Mensch den Bach runtergeht und mich mitzieht.
Froh, traurig.

21
Feb
2006

Ich bin ein Keks

Mm, Vanille! Sie sind ein klassischer, bodenständiger Geschmack - sauber und erfrischend! Bei Ihnen denkt man an Eiscreme und laue Sommernächte, Sie sind so beruhigend und wohltuend wie Kekse, die man in heißen Kakao tunkt. Sie sind ein beständiger, treuer Mensch, den andere in Zeiten der Krise ganz besonders zu schätzen wissen. Auf Sie kann man sich verlassen, Sie haben immer eine Schulter, an der Ihre Freunde sich ausheulen können. Alles Schrille und Unstete ist Ihnen ein Gräuel, Sie sind wie eine warme Decke, unter der man sich gemütlich aufs Sofa kuschelt. Außerdem lassen Sie sich mit allem kombinieren, von frischen Beeren bis zu Schokoladensauce. Sie sind ein beruhigender Leckerbissen!

... Manchmal fühle ich mich tatsächlich wie in siedend heißen Kakao getunkt.
Noch öfter aber durch denselben gezogen.

14
Feb
2006

Happy IQD!

Statt mich mit einer Sechs auf Saviours Skala zufrieden zu geben, feiere ich heute offiziell Quirkyalone Day.

Was ist das? Hier die Definition: Quirkyalone ist eine Person, die es genießt, Single zu sein (aber nicht abgeneigt ist, eine Beziehung einzugehen) und die es vorzieht, allein zu bleiben, statt in einer nicht zufriedenstellenden Partnerschaft zu leben.
"International Quirkyalone Day (IQD) is a do-it-yourself celebration of romance, friendship, and independent spirit. It's a celebration of all kinds of love: romantic, platonic, familial, and yes, self-love. International Quirkyalone Day is not anti-Valentine's Day. It's NOT a pity party for single people. It's an alternative--a feel-good alternative to the marketing barrage of Valentine's Day and an antidote to the silicone version of love presented in shows such as The Bachelor."

Es wären aber nicht das Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten, wenn es nicht auch eine Alternative für echte Valentins-Hasser gäbe: den Black Hearts Day.

Have a nice day, any way!

9
Feb
2006

Perspektivenwechsel

NHM

Gerade habe ich mit meinem Lieblingsbiologen überm Muscheldinner im Naturhistorischen Museum philosophische Fragen gewälzt. "Der Mensch hat zwei Hauptmotivationen", zitierte ich mein letztes Date, einen Arzt auf Selbstfindungstrip: "Liebe und Angst".
"Und Hunger", erwiderte mein Gegenüber entschieden und machte sich ein drittes Mal in Richtung Buffet auf. Ich folgte ihm und freute mich, wie einfach das Leben doch sein kann. Aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet.

22
Jan
2006

Lösung gesucht

Mit dem Lösen hatte ich es nicht so an diesem Wochenende.
Zum einen bin ich erstmals auf ein Sudoku gestoßen, dass ich tatsächlich nicht lösen kann.
Zum anderen habe ich nach drei Monaten P. wieder getroffen, auf dem Geburtstagsfest, dessen Vorläufer 2004 bereits hier und hier kommentiert ist.
Das Positive:
- Er ist nach einer Stunde wieder verschwunden.
- Er hielt eine Rede vom Kaliber "Man muss den Jubilar zur Rede stellen. Also werde ich eine solchige halten..."
- Ich habe einen anderen geküsst. ;-)
- Er ist nach wie vor nicht mein Typ Mann.
- Er hat zugenommen.
- Mindestens fünf Kilo.
Das Negative:
- Ich fand ihn trotzdem verdammt attraktiv.

Wenigstens habe ich mich heute von meinem 10 Jahre alten PC Standgerät getrennt. Den Flachbildschirm bekam mein Bruder, den Rechner meine Eltern. Ich fühlte mich sehr frei, bis mir einfiel, dass ich MEINE GESAMTEN MAILS DER LETZTEN JAHRE NOCH NICHT GELÖSCHT HABE...

20
Jan
2006

Was hat sie,... ?

Ich komme gerade vom Eislaufen. Manchmal muss man sich an Schulaktivitäten beteiligen, um ein gewisses Interesse vorzutäuschen...

Ich war die, die 60 Eislaufschuhe zugeschnürt, 7 Streits geschlichtet, und dann 60 Eislaufschuhe wieder aufgemacht hat.

Zwischendurch hat ein guter Freund angerufen, ein Naturbursche durch und durch. Sein Traumurlaub ist Camping in Südtunesien, seine Wohnung hat weder Heizung noch Dusche, zur Begeisterung meiner Tochter fängt er Schlangen im Wald mit bloßen Händen und zu meiner Begeisterung repariert er ohne Werkzeug innerhalb von Minuten verstopfte Abflüsse. Nun hat er eine Frau vom anderen Ende des Spektrums kennengelernt. "Sie hat Dinge in der Küche, von denen ich nicht einmal wußte, dass sie existieren", flüstert er mir. Ich verkneife mir ein "Vielleicht war das nicht die Küche" und horche ihn über ihre sonstigen Qualitäten aus.
Zuletzt hat sie ihn mit zwei Karten für einen Ball in der Wiener Hofburg überrascht. Ihn, der in Latzhosen Anti-Atom-Demos frequentierte, während seine Freunde die Tanzschule besuchten. Ihn, der noch niemals einen Anzug, geschweige denn einen Smoking von innen gesehen hat. Desaster, denke ich. Doch er berichtet weiter: "Also habe ich gestern abend zwei Stunden lang allein Rechtswalzer geübt, während mein Sohn strickte."

Ich habe einen anderen Bekannten, der sich eine riesige Wohnung zulegte, um seiner neuen Freundin samt ihren beiden Söhnen genug Platz bieten zu können. Als sie ihn später wegen seines besten Freundes verließ, zog ER vorläufig aus der Wohnung aus, bis der Neue Platz für sie geschaffen hatte.

Ich bin die, die am Telefon Walzerschritte erläutert. Ich bin die, die beim Übersiedeln hilft. Ich bin die, die bei Verliebtheit berät und bei Liebeskummer tröstet.

Hey! Hallo! Wo ist der Mann, der für mich ein Lied schreibt, ein Plakat malt, mit einem Herz aus 220 Teelichten seinen Fußboden in Brand setzt?

1
Jan
2006

Silvester ist relativ

Bei Euch ist es schon 2006. Bei uns ist gerade erst die Sonne unter- und ein tropischer Regen niedergegangen. Meine Tochter springt in ihrer getupften Badehose auf der Terrasse von Lacke zu Lacke. Hinter ihr die kitschige Weihnachtsbeleuchtung am Hauptplatz. Und die Statue von Christoph Columbus, der uns den Ruecken zukehrt. Im Patio setzen die Coquis zum abendlichen Konzert an. Vereinzelt sieht man schon Feuerwerke, aber der warme Wind verweht sie rasch.
Ich habe noch fuenf Stunden rausgeschlagen, dieses Jahr.

Alltag
Maennerversteherin
Mama
Reiselust
Sentimental
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development