19
Mrz
2006

Lausige Zeiten

Kopfläuse wünsche ich meinem ärgsten Feind* nicht. Meine Tochter brachte sie vor einem knappen Jahr von der Schule heim. Dank ihren Spaghettihaaren fanden wir sie sehr schnell und glaubten sie schon nach wenigen Tagen restlos ausgerottet. Irrtum! Offenbar überlebte zumindest eine kräftige Nisse alle chemischen Angriffe. Es begannen zwei frustrierende Monate, in denen sich der Großteil unseres Hab und Guts entweder im Tiefkühlfach oder in luftdichten Plastiksäcken befand. Meine Mutter und ich wechselten uns bei der Ernte auf dem Kopf der Kleinen ab - man entwickelt dann einen gewissen Ehrgeiz (11.5.: 24 zu 17 für sie, dafür hatte ich mehr lebende).

Einmal bekamen wir Besuch von einer Freundin mit unverlauster Tochter. Um die Emigration zu unterbinden setzte ich der Besuchstochter eine Hotel-Duschhaube auf (die binnen Minuten innen schweißnass und unansehnlich war). Die beiden Mädchen spielten im Freien. Als es langsam dunkel wurde, riefen wir sie wieder herein. Zuerst dachten wir, dass sie sich verstecken. Aber sie waren weg! Wir stellten uns an den Waldrand und riefen ihre Namen. Ein netter Radfahrer meinte, "Suchen Sie zwei kleine Mädchen? Die haben mich vor 10 Minuten gefragt, wo der nächste Spielplatz ist und sind in diese Richtung gegangen" - er deutete weitläufig Richtung Autobahn.

Zwei panische Mütter fuhren mit dem Auto die ganze Umgebung ab. Trotz des lauen Abends waren nur wenige Menschen auf der Straße. Jeder wurde von uns gefragt: "Sind hier zwei Mädchen vorbeigekommen? Eines klein und eines mit Duschhaube?"
Die Blicke von jenen, die sie nicht gesehen hatten, möchte ich in meinem Leben nicht mehr abbekommen.
Wir fanden die Mädchen später fröhlich tratschend und flanierend, kurz vor der Landesgrenze.

Am nächsten Tag hatte ich ebenfalls Läuse. Mein Lieblingsbiologe* war der einzige, dem ich das je erzählt habe. Er wollte sie in Schnaps eingelegt.
Ich tauschte sie gegen eine sehr private nächtliche Dachführung auf dem Naturhistorischen Museum.

*Name der Redaktion bekannt

18
Mrz
2006

Gute Donnerstage:

Einmal Saviour getroffen, in dem Café, das ich damals beim Schuleschwänzen frequentiert habe. Es sieht exakt so aus wie in den 80ern, was irgendwie beruhigend ist. Danach verschlug es uns noch in ein Pub, wo wir in einer alten hölzernen Liftkabine auf Fahrradsätteln saßen, was man nicht sehr lange aushält, außer in Begleitung von Saviour.

Einmal Flamenco-Auftritt in Oberösterreich, anlässlich der Eröffnung einer Tapas-Bar. Bei solchen Gelegenheiten hat man als Tänzerin üblicherweise den blödesten Job des Abends. Die Leute quatschen und qualmen unbeirrt weiter, nur der zahlende Veranstalter zittert mit, ob nicht doch ein Fächer oder eine Kastagnette die gewollte Bahn verlässt und Haftpflicht auslöst. Diesmal aber wurden wir behandelt wie Königinnen, umsorgt und bedient. Und den blödesten Job des Abends hatten zweifellos die beiden Mädels, die nur mit Salvador Dalì Body Paintings bekleidet schinkenumwickelte Grissini servierten.

Einmal die plötzlich erträgliche Leichtigkeit des Seins mit dem Mann, der für eine Tafel Maronischokolade seinen Ruf aufs Spiel setzt. Ich habe bis heute keine Ahnung, warum dieser Abend für alle im Penthouse meines Chefs endete, wo ich mich gegen drei Uhr früh Schlagzeug spielend wieder fand. Als ich den Kopf zurückwarf - was man in solchen Situationen tun muss, um ihnen gerecht zu werden -, sah ich den Sternenhimmel durchs Glasdach. Und beschloss, donnerstags keine Fragen mehr zu stellen.

eigentlich wollte ich

eigentlich wollte ich
es absichtslos übersehen
dich lächelnd missverstehen
vortäuschen ich könnte
dem ganz einfach entgehen
nur warum sollte ich
genau deshalb lieb ich dich

16
Mrz
2006

Carrie(d) away

Gestern um 23.23 Uhr hat ein Mann am anderen Ende ins Telefon gehaucht, "Als du das erste Mal vor mir über Sex and the City geredet hast, habe ich mich für zehn Sekunden in dich verliebt."

Ich erinnere mich: Vor einem Jahr hatte ich von einer Autofirma den Auftrag, ihren Kleinwagen im Schreibstil von Carrie Bradshaw zu bewerben. Ein verbaler Spagat. Wahrscheinlich habe ich damals bei jeder Gelegenheit lautstark über die Marketingdame geschimpft, die sich sowas einfallen lässt. War das irgendwie sexy?

Und ich komme nicht umhin, mich zu fragen:
Was nützen einem schon zehn Sekunden?

15
Mrz
2006

Gib Deinem Herzen einen Stoß...

...und engagiere Dich für eine gefährdete Spezies: das Wort.
Auf dieser Website kann man um wohlfeile fünf Euro ein Wort adoptieren. Allerdings hat man dann auch die Verantwortung für dieses Wort: Man muss es "beschützen, weiterentwickeln, pflegen und vor Missbrauch und Verdrängung schützen".
Ich habe das Wort "Sinn" adoptiert. Ab sofort verbiete ich seine Benützung im Zusammenhang mit "machen".
Zuwiderhandeln wird geahndet!

14
Mrz
2006

Gestört

"Daran kann ich aber nicht schuld sein", murmelte mein Vater betreten, als ich innerfamiliär verlautbarte, wegen einer Telefonstörung bis auf weiteres nur per Rauchzeichen erreichbar zu sein.
Nun, das wird sich weisen, wenn es die Techniker der Telekom am Freitag zu mir in die Einöde schaffen. Vielleicht muss die Deckenleuchte ja wieder runter...

Gestern waren jedenfalls plötzlich alle Leitungen tot. Vom Handy aus alamierte ich den Störungsdienst.

"Herzlich willkommen bei der kostenlosen Hotline von Telekom Austria. Um Ihre gewünschten Informationen zu bekommen, sagen Sie bitte eines der folgenden Stichwörter: Produkte, Tarife, Rechnung, Störung, Internet."

Störung.

"Sie haben das Stichwort Störung gewählt. Wenn Sie eine Störung eines Telefonanschlusses melden wollen, sagen Sie bitte Telefon. Haben Sie Fragen zu einer Persönlichkeitsstörung, sagen Sie bitte Persönlichkeit. Wenn Sie wissen wollen, was es zum Abendessen gibt, rufen Sie laut, Was gibt es zum Abendessen."

Telefon.

"Sie haben das Stichwort Telefon gewählt. Wenn Sie ein kabelloses Endgerät haben, sagen Sie Kabellos. Wenn Sie einen Anrufbeantworter haben, sagen Sie Piep. Wenn Sie einen unserer Call Center Mitarbeiter in Indien wecken wollen, sagen Sie bitte laut und deutlich...

JA! ICH WILL!

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