3
Sep
2006

American Geography

america

Saturday Night Fever

Samstag nacht auf der Kinderambulanz: Fiebernde, weinende, kotzende Kleinkinder und das eigene Achtjährige mit akuter Atemnot. Als wir nach einer Stunde drankommen, hat das Adrenalin jegliche Krankheit verscheucht. Trotzdem wird abgehorcht, Blutsauerstoff gemessen, usw. Der Arzt hat zusätzlich zum starken Akzent einen Sprachfehler, was mir um ein Uhr nachts den Schweiss auf die Stirn treibt.

Auf Mallorca habe ich Karla kennengelernt. Karla ist vor 15 Monaten mit ihrer 9jährigen Tochter aus Bayern ausgewandert. Nachdem sie ihren Job verloren hatte, gab sie in Deutschland alles auf und fuhr mit einem einzigen Koffer auf die Insel. Derzeit führt sie viersprachig Touristen durch die Höhlen von Artá und lernt von ihrer Tochter Mallorquín. Als ich ihr erzählte, dass ich mit meiner Kleinen allein auf Urlaub bin, fand sie das "ganz schön mutig".

Während mir das aus ihrem Mund noch irgendwie schmeichelte, geht mir bei anderen Aussagen der Hut hoch:
Es ist schön, dass du in deiner Situation so fröhlich bist.
Andere graben sich dann zu Hause ein.
Toll, dass du sogar lachen kannst.


Gerade hatte ich in der Ambulanz viel Zeit, darüber nachzudenken. Mir scheint da eine Information zu fehlen, die alle anderen haben: Was ist diese "Situation", in der es bewundernswerte Kraft braucht, sogar zu lachen? Hallo, ist jemand gestorben? Hat mich jemand zurückgelassen, mit vier hungrigen Kindern, and the crops in the fields?

Ich habe ein pflegeleichtes Kind, einen Ex-Mann, der sein Kind nicht verleugnet und mir die Hälfte meines Nettoeinkommens in Alimenten draufzahlt. Ich habe eine Familie, die meiner Tochter Bezugspersonen und Vorbilder ("Der Opapa kann alles") bietet. Es gibt einen Mann, der mich nachts vom Flughafen abholt und mindestens zwei beste Freundinnen, die ich anrufen könnte, wenn er doch nicht auftaucht. Wollte ich morgen fein ausgehen, fände ich neben einem Babysitter vier Leute, die mich begleiten und den einen oder anderen, der sogar zahlt. Wann, bitteschön, bleibt mir Zeit, eine Heldin zu sein?

In wütenden Nächten wie diesen bin ich nahe dran, auszuwandern. An einen Ort, wo man Alleinerzieherinnen für voll nimmt. Und die Ambulanzen mit native speakers besetzt.

1
Sep
2006

Fernsteuerung

Nach der Inspektion von 12 Buchten und Stränden haben Töchterchen und ich uns rasch drauf geeinigt, dass es in Sa Coma am schönsten ist. Der Strand ist zwar Matte an Matte belegt, aber wenn man das Glück hat, sich abends auf seine Finca im ruhigen Hinterland zurückziehen zu können, dann stört das nicht weiter. Dafür ist das Wasser einfach zu türkis, klar und warm. Stundenlang ließen wir uns auf der Luftmatratze treiben oder hüpften über den Schaum der Wellen.

Eines frühen Abends lag ich (zufällig im gleichen Buch wie mein Nachbar) lesend im Sand, als plötzlich eine Art Völkerwanderung begann. Scheinbar ferngelenkt strebten Horden Leichbekleideter in Richtung Hotels. Was die Sache unheimlich machte, waren die farbigen Bändchen, die sie alle am Handgelenk trugen.

Gestern, bei der Launch-Party für die neue Tageszeitung Österreich, bekam ich so ein Bändchen in rot. Und siehe da: Es wirkte auch bei mir! Ich fand mich vollgegessen neben dem Buffet wieder und konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, wie ich da hingekommen war.

31
Aug
2006

Bericht folgt

Mallorca2Mallorca4Mallorca1Mallorca3
Schön war's...

22
Aug
2006

WH vom 11.1.2006

Rumspringa

Gestern war eine Reportage über die Amish People im österreichischen Fernsehen. Interessant fand ich, dass die Jugendlichen mit 16 Jahren aufgefordert werden, Sex, Drogen, Autos und alles, was sie bis dahin nicht kannten, auszuprobieren. So lange sie wollen. Zweck ist, dass sie sich bewusst entscheiden sollen, zu den Amish zurückzukehren - oder eben nicht. Diese Phase vor Taufe oder Austritt nennt sich "Rumspringa".

Der Redakteur dieser Sendung hat mir vor langer Zeit beigebracht, wie man das Leben einer geheimen Geliebten führt. Danach hat er geheiratet und zwei Kinder fabriziert.
Ich war wohl sowas wie sein Rumspringa.

18
Aug
2006

WH vom 14.12.2005

Amish Afternoon

Ich bin bekennender Kirchensteuerflüchtling und Kaum-Kirchgänger. Dennoch betrachte ich Religion als Teil unserer Kultur, besitze eine Bibel und wurde auch schon beim Beten erwischt. Das scheint aber, insbesondere vorm nahenden Höhepunkt des Kirchenjahres, zuwenig zu sein. Und weil Gott kleine Sünden sofort bestraft, hat er mich gestern in folgende Situation gebracht:

Ort: vollbesetztes Arztwartezimmer mit guter Akustik.
Kind (meines): "Mama, ist heute abend noch genug Zeit zum Stricken und Bibel lesen?"

Dazu ist anzumerken, dass meine beinahe achtjährige Tochter vor einigen Tagen ihre Kinderbibel aus dem Bücherregal gefischt hat und seither aus dem Alten Testament gar nicht mehr hervorkriecht. Da gibt es aber auch wirklich spannende Geschichten, wenn ich ihre Nacherzählungen glauben darf... Und das Stricken bezieht sich auf die unter einem Haufen anderer Spielsachen kürzlich wiederentdeckte gute alte Strickliesl.

Erwartungsvolle Blicke ruhten im Wartezimmer auf mir. Ich sah keinen anderen Ausweg als:
"Natürlich, aber nur solange es hell ist. Du weißt, wir haben kein elektrisches Licht..."

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